Case Study

Der Schachtelshop - Nutzerverhalten und seine Auswirkungen

Der Schachtel-Shop ist ein kleiner aber feiner Laden in München, der sich auf den Verkauf von besonderen Geschenkverpackungen spezialisiert hat. Alle Produkte lassen sich auch über den Online-Shop bestellen, der unter der-schachtel-shop.de erreichbar ist. Wir möchten uns mit der vorliegenden Analyse anschauen, wie es prinzipiell um den Shop in Bezug auf seine Auffindbarkeit über die Suchmaschinen bestellt ist, welche Wirkung das messbare Nutzerverhalten auf das Ranking bei Google hat, welchen Einflüsse RankBrain zeigt und welche Potenziale sich daraus ergeben.

Hinweis: Als Quelle der in dieser Analyse genutzten Daten greifen wir – sofern nicht abweichend ausgezeichnet – auf ahrefs.com und Google Analytics zurück.

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Sistrix-Sichtbarkeitsverlauf. Hier wird deutlich, dass vor allem die Startseite des Shops (Hauptverzeichnis) viele Platzierungen generieren kann:

Darüber hinaus finden wir Platzierungen von Dokumenten, die sich im Unterordner 2016 und blog befinden. Diese Differenzierung reicht uns an dieser Stelle allerdings nicht aus. Wir wollen es genauer wissen, um besser zu verstehen, was hier vor sich geht. Wir möchten zunächst wissen, wie viele Platzierungen es für die Dokumente in welchen Unterordnern (erste Ebene) gibt.

So wie bereits bei Sistrix erkennbar, erzielen vor allem die Ordner 2016, root und blog viele Platzierungen. Wir möchten nun prüfen, wie sich diese in den Top-100 bei Google verteilen, wozu wir nun einen Blick auf das folgende Streamline-Diagramm werfen, welches für jede Platzierung eine Linie vom ersten bis zum letzten der vier Messpunkte spannt:

Wie wir gut erkennen können, werden die ersten 10 Plätze (Blau) in erster Linie von der Startseite generiert. Ab der dritten Suchergebnisseite finden wir viele Platzierungen der Blogartikel aus dem Jahr 2016 (Grün). Die folgende ABbildung filtert genau diese einmal explizit heraus:

Wir sollten uns die Frage stellen, warum so viele Platzierungen einer so scharfen und kategorischen Abwertung unterliegen. Welche Gesetzmäßigkeit verbirgt sich dahinter? Welche Gemeinsamkeit ist dafür verantwortlich? Denn könnte der gemeinsame Grund aufgedeckt werden, dann wäre möglicherweise eine übergreifende Anhebung dieser Platzierungen denkbar.

Verweildauer und Seitenaufrufe

Dazu wollen wir zunächst prüfen, ob sich die Dokumente hinsichtlich des Nutzerverhaltens unterscheiden. Deshalb legen wir an das Diagramm links an die Platzierungen zwei parallele Koordinaten-Achsen (Rot) mit den Parametern Seitenaufrufe und Durchschnittliche Zeit auf der Seite (Sekunden) an. Auf diese Weise können wir ablesen, welche Platzierung sich durch welche Parameterausprägung auszeichnet; also bspw.: ob gute Platzierungen prinzipiell nur mit einer höheren Anzahl an Seitenaufrufen zustande kommen. Nach genauer Untersuchung können wir jedoch festhalten: es lässt sich kein klares Muster erkennen, welches die schlechten Platzierungen mit den beschriebenen Parametern in Verbindung bringen und erklären könnte:

Wir wollen nun noch die Platzierungen der Startseite einblenden:

Wie sich hier gut erkennen lässt, wird die Startseite deutlich häufiger aufgerufen, als die Blogartikel aus 2016. Die Frage ist aber, ob die Anzahl der Seitenaufrufe ein wirklich so ausschlaggebender Faktor für das Ranking ist. Denn schauen wir uns die Verweildauer der Seiten an, so erzielt die Startseite mit teilweise deutlich kürzeren Zeiten viel bessere Platzierungen. Würden wir davon ausgehen, dass unterhalb der Domain identische  Bewertungsregeln zur Anwendung kommen, so könnten wir schlussfolgern, dass die Verweildauer kein maßgeblicher Rankingfaktor ist.

Wir können insgesamt nur festhalten, dass Inhalte, die zwischen wenigen Sekunden bis zu mehreren Minuten konsumiert werden, gute Platzierungen erzielen. Wir konnten keine guten Platzierungen für Besuche mit Überlänge finden.

Ladegeschwindigkeit

Wir möchten uns noch einen anderen Parameter anschauen: die Ladegeschwindigkeit – bereits vor Jahren als offizieller Rankingfaktor von Google kommuniziert. Dazu legen wir links an die Platzierungen die entsprechende Parameter-Achse an. Im folgenden Diagramm schauen wir uns die Ladeeigenschaften der Dokumente an, die Top-10-Platzierungen erzielen (152 Stück):

Keine der Top-Platzierungen wird über Dokumente generiert, die langsamer als etwa 2,5 Sekunden ausgeliefert werden. Prüfen wir nun noch den gegenteiligen Fall:

Dokumente, die für die Auslieferung länger als 2,5 Sekunden brauchen, führen in unserer Untersuchung zu keiner Top-Platzierung. Man kann also durchaus festhalten, dass eine zügige Auslieferung als Grundvoraussetzung für gute Platzierungen verstanden werden darf. Gute Ladezeiten alleine garantieren jedoch noch keine guten Platzierungen, wie man im Folgenden wieder am Beispiel der Blogartikel von 2016 sehen kann:

Hier lässt sich noch ein anderer Aspekt beobachten: durch die zusätzliche Achse Size (bytes) lässt sich ablesen, wie stark die Datenübermittlung abhängig von der Dateigröße ist. Die größten Verzögerungen entstehen in der Praxis aber selten beim Versand, sondern beim Aufbereiten der Ausgabe durch den Server. Interessant ist hier zu beobachten, dass kleinere Ausgabedateien oftmals eine längere Zeit zum Laden benötigen, als größere Dateien.

Distanz zur Startseite: Klicktiefe

In der Praxis lässt sich oftmals feststellen, dass Dokumente, die von der Startseite aus mit weniger Klicks erreichbar sind, bessere Platzierungen erhalten, als weiter entfernt liegende. In der folgenden Abbildung legen wir die Informationen zur strukturellen Tiefe (Depth) wieder links an das Diagramm an:

Hier lässt sich sehr gut erkennen, dass „entferntere“ Dokumente auch schlechtere Platzierungen erzielen. Die Blogartikel aus dem Jahr 2016 sind mit mindestens 2 Klicks erreichbar – der Shop, der mit einem Klick erreichbar ist, kommt auf deutlich mehr Top-Platzierungen. Da wir aber auch schlechte Platzierungen für nah gelegene Seiten ermitteln, müssen wir auch hier wieder feststellen: die Entfernung der Dokumente kann nicht als ausschließliche oder hauptsächliche Ursache abgeleitet werden.

Absprungrate (Bouncerate)

Die Absprungrate wird oftmals als ein wichtiger Indikator angenommen, der die Akzeptanz des Besuchers widerspiegeln soll. Verlässt dieser die Seite unmittelbar wieder, so wird davon ausgegangen, dass diese die Bedürfnisse des Suchenden nicht ausreichend erfüllen konnte. Wir müssen uns deshalb anschauen, wie sich die Absprungrate und die Verweildauer im Hinblick auf die Platzierungsentwicklung verhalten:

Alle platzierten Blogartikel aus dem Jahr 2016 weisen eine hohe Absprungrate auf (bis 85%), was bei Blogartikeln allerdings auch keine Besonderheit darstellt. Die ermittelten Verweildauern scheinen ebenfalls nicht sonderlich auffällig. Auch hier stellt sich wieder die Frage, ob und wenn ja, wie sehr sich diese Werte auf das Ranking auswirken.

Einstiege

Prüfen wir nun noch, ob die Anzahl der Seiteneinstiege (direkter Aufruf über externen Link oder Suchmaschine) Auswirkungen auf die Platzierungsleistungen hat. Dazu schauen wir uns nur wieder die Top-10-Platzierungen an.

Wie sich gut erkennen lässt, können auch solche Dokumente gute Platzierungen erzielen, die – zumindest im Vergleich zu einigen anderen – deutlich seltener direkt aufgerufen werden.

Viele Blogartikel aus dem Jahr 2016 werden häufiger direkt aufgerufen (wieder Grün), als andere, die bessere Platzierungen erzielen. Die Anzahl der Einstiege scheint also keine maßgebliche Größe für das Ranking.

Textlänge

Eine sehr häufige Frage im Zusammenhang mit der Optimierung von Inhalten ist die nach der idealen Textlänge. Wie viel Inhalt sollte geboten werden, wenn gute Platzierungen erzielt werden wollen? Schauen wir uns dazu die folgende Abbildung an. Mehr als die Hälfte aller Platzierungen werden über Dokumente generiert, die etwa zwischen 1.300 bis 1.600 Wörter beinhalten:

Dies bedeutet aber nicht, dass man mit mehr oder weniger Wörtern keine guten Platzierungen erzielen könnte.

Beim Schachtel-Shop finden wir Dokumente, die zwischen 600 und etwa 3.400 Worte je Dokument beinhalten, die allesamt Top-10-Platzierungen erzielen. Es gibt also keine Empfehlung für die ideale Anzahl von Wörtern. Es hängt maßgeblich davon ab, welche Wörter dort geschrieben stehen.

Verlinkung

Natürlich besitzen die eingehenden Links von externen Quellen immer noch großen Einfluss auf das Ranking. Wir wollen uns deshalb die Situation beim Schachtel-Shop ansehen:

Das war nicht anders zu erwarten: die Startseite verfügt über die meisten unabhängig verweisenden Domains. Aber auch die interne Verlinkung – ein oft unterschätzter Rankingfaktor – sollten wir uns noch ansehen:

Die Abbildung oben zeigt, dass unsere schlecht platzierten Blogartikel nur über sehr wenige eingehende Links verfügen. Aber: auch Dokumente mit weniger Links sind in der Lage, Top-Platzierungen zu generieren.

Das gilt im Übrigen auch auch für die Anzahl interner Links: Dokumente mit wenigen eingehenden, internen Links sind ebenfalls zu Spitzenpositionen in der Lage. Somit scheinen auch die Links zwar als eine Einflussgröße, die wir im Auge behalten müssen, allerdings kann sie nicht die scharf abgegrenzte Platzierungsstruktur erklären, die wir bei den Blogartikeln beobachten.

IN vs. OUT

Wie verhält es sich mit den Dokumenten, die im Beobachtungszeitraum neu in die Top-100 eingestiegen, und solche, die ausgestiegen sind. Finden wir bei diesen vielleicht erklärende Kennzeichen, die die Bewertungsmaßstäbe besser erklären könnten? Warum bestimmte Dokumente auf- und absteigen? Die folgende Abbildung zeigt alle Platzierungen, die die Top-100 verlassen in Hellblau. Neueinsteiger erscheinen in Rot.

Zunächst können wir feststellen, dass innerhalb des Beobachtungszeitraumes mehr Platzierungen ausscheiden, als neue hinzukommen. Allerdings lässt sich im Hinblick auf die Parameter kein schlüssiges Muster erkennen, welches ein Dokument qualifizieren, bzw. deklassieren würde. Das deckt sich mit den bereits beschriebenen Beobachtungen.

Semantik und RankBrain

Vielleicht aber lassen sich in der scharfen Platzierungsabgrenzung auch Auswirkungen der semantischen Einstufung (siehe auch Restriced Area) durch RankBrain beobachten. Um das zu überprüfen, schauen wir uns den Bereich an, der oberhalb der Platzierungen liegt (Slot 1), die über die Blogartikel von 2016 aufgespannt wird, sowie den darunter (Slot 2) und vergleichen inhaltlich. Die rot markierten Begriffe kommen jeweils nicht in der vergleichenden/anderen Liste vor:

Interessant ist hier zu beobachten, dass der Kontext „geschenkbox“ sehr gute Platzierungen erzielt. Für alle Suchphrasen, die im Kontext „verpacken“ und „basteln“ stehen (also der Do-it-Yourself-Aspekt), existiert keine einzige gute Platzierungen. Diese Begriffe stehen kommen ab Platz 18 besonders häufig in den Suchergebnissen vor. Wir überprüfen das im Folgenden nochmals über einen Textfilter:

Die Abbildung zeigt, dass im Kontext „verpacken“ nicht nur die Blogartikel keine guten Platzierungen erzielen, sondern auch andere, wie bspw. die Startseite (Blau). Es scheint also so, dass Google den Kontext „verpacken“ als nicht ausreichend passend annimmt – ein Effekt, der im Zusammenhang mit den Wirkungsweisen von RankBrain stehen kann.

Endbewertung

Wir konnten in der Analyse einige wichtige Zusammenhänge aufdecken, bzw. ausschließen. Die Interaktionsdaten der Nutzer konnten nicht recht erklären, warum ein Großteil wichtiger Suchphrasen es nicht bis auf die vorderen Plätze schaffen konnte. Sie zeigen eher einen Widerspruch auf, denn die Artikel werden trotz schlechter Platzierungen über die Suchmaschine gefunden, aufgerufen und gelesen. Darüber hinaus sind wir auf ein paar strukturelle Eigenarten gestoßen, die die beobachtete Rankingstruktur unterstützen könnten. Als wichtigste Einflussgröße aber lässt sich RankBrain ausmachen, welches den Kontext „verpacken“ für den Schachtel-Shop lediglich als zweite Wahl assoziiert.

Empfehlungen

Wie können wir nun die Platzierungen des Blogs weiter anheben? In jedem Fall sollten wir auf die in dieser Analyse aufgedeckten strukturellen Aspekte eingehen:

  • Auf eine zügige Auslieferung aller Dokumente achten.
  • Wichtige Dokumente sollten schnell und leicht erreichbar sein.
  • Die interne Verlinkung sollte überarbeitet, bzw. intensiviert werden.
  • Promotion Aktionen mit externen Verlinkungen sind nie verkehrt.

Sind diese Maßnahmen nicht in der Lage, die Bedeutung der Bloginhalte ausreichend zu vermitteln, so könnte es erforderlich sein, über eine Auslagerung der Inhalte, bspw. auf eine (Sub)domain, nachzudenken. Denn schaut man sich die aktuellen Top-Ergebnisse bei Google zu diesem Thema an, so finden wir nur Angebote, die als Shop das Geschenk dazu gleich mit verkaufen. Oder aber es handelt sich um reine Bastel-Ratgeber, die entsprechende Anleitungen zur Verfügung stellen. Eine Mischung aus Verpackungs- und Anleitungslieferant, so wie es der Schachtel-Shop ist, gibt es auf den vorderen Plätzen bei Google im Kontext „verpacken“ nicht.