Im Vorfeld der Landtagswahlen 2018 in Bayern zeigen sich die Parteien abermals sehr aktiv und kreativ bei der Bindung von Aufmerksamkeit und Sympathien. Zum aktuellen Zeitpunkt erwartet die CSU einen historischen Tiefstwert – und die Grünen werden zweitstärkste Kraft. Auch die SPD würden demnach deutlich an Zustimmung verlieren. In den folgenden Abschnitten möchten wir untersuchen, ob sich diese Trends auch im Suchverhalten der Wähler, sowie in den angebotenen und in den Suchergebnissen platzierten Inhalten widerspiegeln. Dazu betrachten wir die Domains der Parteien für den Freistaat Bayern: csu.de, gruene-bayern.de, afdbayern.de, bayernspd.de, fdp-bayern.de, die-linke-bayern.de, sowie als sonstige Parteien bayernpartei.de, oedp-bayern.de und piratenpartei-bayern.de. Damit werden alle Parteien betrachtet die aktuell im Landtag vertreten sind, dazu alle Parteien die bei der letzten Landtagswahl mindestens 2% erreichen konnten, sowie die 2013 nicht angetretene AfD.
Hinweis: Als Quelle der in dieser Analyse genutzten Daten greifen wir – sofern nicht abweichend ausgezeichnet – auf ahrefs.com zurück.
Wir müssen uns eingangs die Frage stellen, warum eine Präsenz der Parteien in den Suchergebnissen überhaupt von Bedeutung ist. Schließlich werden diese auch über andere Kanäle beworben. Dazu müssen wir die Rolle der Suchmaschine bei der Suche nach Informationen verstehen. Google & Co. fungieren als Informationsvermittler. Dabei werden vor allem solche Informationen prominent angeboten (also über gute Platzierungen), die von den Suchenden auch nachgefragt werden. Auf der anderen Seite können nur dann passende Inhalte der Parteien vermittelt werden, wenn diese auch existieren. Die Analyse der Suchergebnisse im zeitlichen Verlauf gibt uns als Schnittmenge von Angebot und Nachfrage Einblicke in die Zielgruppenansprache der Parteien. In dieser Case Study kombinieren wir diese Erkenntnisse mit der Analyse des Suchverhaltens in Bayern. Auf diese Weise lässt sich oftmals eine reale Bedürfnislage ableiten, die freier von medialen und rhetorischen Verzerrungen ist.
In Bayern wird vor allem die AfD stark nachgefragt – insbesondere seit den Vorkommnissen in Chemnitz, Ende August 2018:
Während sich diese Parteien von ihrer Namensgebung eindeutig zuordnen lassen, so stellt sich dies bei den Grünen anders dar. Die Domain der Grünen wird über eine handvoll unterschiedliche Formulierungen gesucht, was das Gesamtvolumen der Suche für einen parteiübergreifenden vergleich ein wenig erschwert:
Die Parteien in Bayern, insbesondere die CSU, genießen eine umfangreiche Stammwählerschaft. Allen Indikatoren zufolge schrumpft diese Stammwählerschaft allerdings deutlich, weshalb besonders folgende Gruppen angesprochen werden wollen (Prozentanteile Schätzungen auf Basis verschiedener Umfragen):
Diese Zielgruppen werden in Anbetracht der aktuellen politischen Umstände immer wichtiger, denn ihr Verhalten lässt sich oftmals bis zur Abgabe des Stimmzettels nicht vorhersagen, da sie zu spontanen Entscheidungen tendieren. So kann sprichwörtlich bis zum Urnengang eine Menge geschehen. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, dieser Zielgruppe während des Entscheidungsprozesses bis zur „Call to Action“ möglichst viele Kontaktpunkte anzubieten, um sie so mit positiven und empfehlenden Informationen zur eigenen Partei auszustatten.
Die folgende Abbildung zeigt das Suchvolumen (Google Trends) für typische Begriffe, die im Vorfeld einer Wahl für eine leichtere Entscheidungsfindung formuliert werden:
Schauen wir uns nun an, ob diese Themen auch von den Parteien aufgegriffen werden. Da Platzierungen auf der ersten Suchergebnisseite in der Praxis von größter Relevanz sind, untersuchen wir die Präsenz der Parteien auf den Plätzen 1 bis 10. Die folgende Abbildung zeigt alle Platzierungen solcher Suchphrasen, die in ihren Formulieren die Wörter „wahlomat“, „landtagswahl“ oder „wahlprogramm“ beinhalten und zum Zeitpunkt der letzten Messung in den Top-10 zu finden waren:
Die Linke, ÖDP und die Piratenpartei sind bei diesen Suchanfrage nicht präsent. Die CSU kommt immerhin auf folgende Platzierungen:
Wie sich gut erkennen lässt, finden sich hier jedoch nur sehr spezifische Suchphrasen wieder, die die Marke „csu“ beinhalten. Die Wählerschaft muss also gezielt nach der Partei suchen, um ein Ergebnis zum Wahlprogramm zu erhalten. Bei einer generellen Suche nach den Wahlprogrammen, der Landtagswahl oder der Wählerhilfe „wahlomat“ ist die CSU außen vor und erscheint nicht.
Die AfD (in obiger Abbildung: Gelb) kommt hier auf die meisten Platzierungen (15). Die Besonderheit liegt dabei darin, dass auch generische Suchphrasen sehr gute Platzierungen erzielen:
Bei der Suche nach „wahlprogramm landtagswahl“ oder „landtagswahl wahlprogramm“ erscheint sie auf dem zweiten Platz. Dies mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass sich deutlich mehr Bayern über das möglicherweise kontroverse Wahlprogramm der AfD erkundigen möchten. Google schlussfolgert nach der intensiven Suche nach dem AfD-Wahlprogramm eine übergreifende, generische Bedeutung, was dann eine sehr gute Platzierung zur Folge haben kann.
Nachdem wir schon einen ersten Detailaspekt untersucht haben, möchten wir für eine bessere Einschätzung einen Schritt zurücktreten und die Domains in ihrer Gesamtheit quantitativ vergleichen. Dazu werfen wir einen Blick auf den sog. Sichtbarkeitsverlauf (Sistrix), der die Gewichtung der Präsenzverhältnisse gut abbilden kann:
Ganz klar: die CSU liegt hier deutlich vor den anderen Parteien. Dies ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass die CSU auf bundespolitischer Ebene eine gewisse Bedeutung genießt. Betrachten wir uns deshalb die CSU noch im Vergleich zu den übrigen Parteien:
Die CSU sticht bei der quantitativen Betrachtung alle anderen Parteien haushoch aus.
Ein besonderes Augenmerk möchten wir auf den hohen Einstieg der AfD legen. Die folgende Abbildung zeigt nicht die Präsenz von afdbayern.de, sondern die der bundespolitischen Vertretung: afd.de. Doch auch in diesem Vergleich zeigt die CSU eine stärkere Präsenz – selbst während der politischen Diskussionen um den AfD-Abgeordneten Albrecht Glaser im September/Oktober 2017, der nach Wunsch der AfD Bundestagsvizepräsident werden solle:
Wir stellen also fest: die CSU präsentiert sich in den Suchergebnissen rein quantitativ betrachtet, am stärksten. Wir wollen im Folgenden prüfen, ob dies auch auf qualitativer Ebene der Fall ist. Dazu schauen wir uns für die Wähler relevanten Themenbereiche an, die die Parteien bedienen sollten.
Für welche Themenbereiche interessieren sich die Wähler und würden gerne Informationen hierzu direkt aus der Hand der Partei beziehen? Zur Beantwortung dieser Frage haben wir die Parteiprogramme studiert, die grundsätzlichen Themen herausgearbeitet und alle Parteien auf ihre Präsenz in den Suchergebnissen geprüft. Ein wichtiges Themen, welches die Deutschen interessiert, ist natürlich „flüchtlingskrise“. Interessant ist, dass die Deutschen das „diesel fahrverbot“ aber offenbar noch mehr beschäftigt. Und (nicht nur) den Münchenern geht es vor allem um günstigeren Wohnraum:
Untersuchen wir die Suchergebnisse zu allgemeinen Anfragen in diesen Kontexten, so finden wir nur wenige Platzierungen der Parteien in den Top-100. Das folgende Beispiel zeigt den Anstieg der Platzierungen im Kontext „mieten“ für die-linke-bayern.de. Hier gelingt es durch einige aktuelle Meldungen zumindest bis auf die dritte Suchergebnisseite für recht generische Suchphrasen aufzusteigen:
Obwohl die Parteien zu den nachgefragten Themen Inhalte anbieten, scheint es eher so, dass die Suchenden ihre Informationen vorzugsweise über Nachrichtenportale oder andere unabhängige Quellen beziehen. Die Inhalte der Parteien erscheinen nur dann prominent in den Suchergebnissen, wenn explizit danach gesucht wird, wie bspw. „diesel fdp“:
Wie wir eben gesehen haben, existieren durchaus sehr starke politische Themen. Kaum eines ist jedoch emotional so aufgeladen, wie das der sog. „Flüchtlingskrise“. Schauen wir uns zunächst an, wie die Wähler mit dieser Thematik umgehen. Welche Anzeichen lassen sich dazu bei Google finden?
Mittels Google Correlate lassen sich semantische Korrelationen ableiten, die mit dieser Thematik assoziiert werden. So weist die folgende Abbildung solche Suchphrasen aus, die einen ähnlichen Suchverlauf genommen haben, wie das Suchvolumen zu „antanzen“:
Immer also, wenn nach „antanzen“ gesucht wurde, stieg auch die Anzahl der Suchvorgänge nach „selbstverteidigungswaffen“, „pfefferspray test“ und „teleskopschlagstock kaufen“. Die Suche nach „kriminalität“ wird nachweislich mit „ausländer“ und „migration“ assoziiert:
Auf dem Hintergrund der Betrachtung der Landtagswahl in Bayern müssen wir regional differenzieren. Die folgende Abbildung zeigt das Suchvolumen zu „ausländer raus“:
In Sachsen wird nicht nur überproportional häufig nach „ausländer raus“ bei Google gesucht. Auch die AfD erreicht dort die größte Nachfrage:
Brechen wir die Nachfrage auf die Städte herunter, so finden wir, nicht überraschend, für Chemnitz, Dresden und Leipzig das größte Suchvolumen:
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die AfD mit rechtspopulistischen Aspekten assoziiert wird. Die folgende Auswertung zeigt, dass die Suche nach „rechtspoluplistisch“ mit einer Vielzahl an Suchanfragen rund um die AfD formuliert wurden:
Dies lässt den Rückschluss zu, dass zumindest ein Zweifel bezüglich dieser Frage besteht und Aufklärung gewünscht wird. Vor diesem Hintergrund erzielt die AfD auch einige Platzierung im Kontext „npd“:
Wir möchten nun überprüfen, ob die gerade geschilderten Beobachtungen auch auf der Website der Partei reflektiert werden. Hier fällt zunächst auf, dass die Partei in Bayern mit einer Vielzahl an Suchphrasen gute Platzierungen erzielt, die im Kontext „gewalt“ stehen:
Insgesamt zählen wir hier 23 Top-100-Platzierungen:
In Bayern wird die tendenziell eher hypertrophe Kommunikation in erster Linie zum Angriff etablierter politischer Strukturen genutzt. Interessant scheint hierbei, dass die AfD relativ häufig über solche Suchphrasen bei Google gefunden wird, die im Kontext „csu“ stehen:
Insgesamt kommen CSU (Gelb) und AfD (Blau) auf 86 identische Suchphrasen in den Top-100, die sich wie folgt verteilen:
Der inhaltliche Angriff seitens der AfD gegen die CSU lässt sich also auch in den Suchergebnissen erkennen. Wir können ebenso ableiten, dass vergleichbare Attacken seitens der CSU gegen die AfD nicht erfolgen. Insgesamt finden wir für csu.de nur 14 Top-100-Platzierungen, die im Kontext „afd“ stehen:
Die Kommunikation der AfD Bayern erzielt auch mit Attacken auf die Bundespolitik einige prominente Platzierungen:
Damit erzielt die AfD mehr Top-100-Platzierungen, die „merkel“ thematisieren, als die CDU-Schwesternpartei CSU:
Wahlen können oftmals von der Annahme eines anscheinenden, übergreifenden Konsenses beeinflusst werden. Erscheint die Zustimmung zu einer Partei sehr groß, so kann es vor allem bei Unentschlossenen oder Erstwählern zu einer Beeinflussung kommen. Möchte eine Partei überzeugen, dann wäre dies durch eine Inszenierung einer breiten Zustimmung machbar. Eine solche lässt sich vor allem über Soziale Medien einleiten. Hinzu kommt hier der sog. Bubble-Effekt, der den Konsenseindruck maßgeblich unterstützen kann. Denn Suchmaschinen und Soziale Netzwerke zeigen ihren Nutzern vor allem solche Inhalte und Medien, die von ihnen präferiert werden. Gegensätzliche Meinungsbilder gelangen so nur noch unzureichend in den Kommunikationskanal der Suchenden, was den Eindruck verstärkt, auch jeder andere würde genau so denken.
Für die folgende Abbildung haben wir ausgewählte Platzierungen der Domain afd.de für Dresden (jeweils oberer Eintrag) und München (jeweils unterer Eintrag) miteinander verglichen:
Wie sich gut erkennen lässt, erhält die AfD in einigen Fällen in Dresden bessere Platzierungen als in München. Dieser – wenn auch nur schwache – Effekt lässt sich auf die unterschiedlichen Verhaltensweisen bei der Suche in den jeweiligen Bundesländern zurückführen. Da die AfD in Sachsen stärker nachgefragt wird als in Bayern, erhält diese dort auch für allgemeine Suchanfragen bessere Platzierungen. Auch wenn wir hier noch nicht von einem ausgeprägten Bubble-Effekt sprechen können, so zeigt sich doch der zugrunde liegende, eben beschriebene Mechanismus.
Der Aufbau einer Informationsblase zeigt sich jedoch noch an anderer Stelle: die Website der AfD Bayern erzielt gute Platzierungen für allgemeine Suchphrasen rund um die Landtagswahl.
Werden kurz vor der Wahl solche generischen Suchphrasen abgesetzt und dann Informationen über gut platzierte AfD-Seiten abgerufen, kann dies leicht dazu führen, dass der Eindruck eines breiten Konsenses entsteht. Der Weg zur Wählerbeeinflussung ist damit nicht weit.
Wir haben bereits gesehen, dass die Zielgruppe sehr gut mit der Beantwortung essentieller Fragen erreicht werden kann. Nicht nur die Parteien, sondern auch die Wahl als Mechanismus fördert immer wieder grundsätzliche Fragen zu Tage. Wir möchten im Folgenden für einige Parteien untersuchen, über welche W-Fragen diese in den Suchergebnissen gefunden werden können. Wir stellen fest: die CSU erscheint für die größte Anzahl an W-Fragen – gefolgt von der AfD.
Bei der CSU finden wir Fragen zur Partei. Darüber hinaus geht es um Personalien, wie Horst Seehofer und konkrete Aspekte bei der Migrationspolitik.
Die W-Fragen, die die AfD beantwortet, fokussieren sich ebenfalls auf die Partei und ihre Ziele, sowie die grundsätzliche Gesinnung.
Dabei geht die Partei aber auch auf solche Fragen ein, die nicht direkt als solche formuliert werden, wie bspw. „wahlschein“, „wahlzettel“, „stimmzettel“, „erststimme“ oder „zweitstimme“. Die Beantwortung solcher grundlegenden Fragen mag nicht direkt relevant sein für den Wahlerfolg. Dennoch zeigt sich gerade hier, dass man sich den Wählerinnen und Wählern, unabhängig von der politischen Richtung, annimmt (Erstwähler!). Hier sollten die anderen Parteien das Feld nicht vollständig der AfD überlassen und unbedingt nacharbeiten:
Den Grünen gelingt es noch nicht so ganz, wichtige Fragen in Bayern mit wirklich prominenten Suchergebnissen zu beantworten. Das genutzte Wording fokussiert sich inhaltlich jedoch sehr stark – und beantwortet somit deutlich weniger typische Fragen.
Auch der SPD in Bayern mag die Beantwortung von W-Fragen nicht so recht gelingen. Da mag es nachdenklich stimmen, wenn bayernspd.de mit „wer hat die playstation erfunden“ eine bessere Platzierung erzielt, als für „was ist die spd“.
Schmunzelndes Schlusslicht bilden die Piraten, die auf eigentlich keine politische Frage eine Antwort in den Suchergebnissen bieten, dafür aber mit Drogen assoziiert werden.
Wir möchten uns nun noch ein paar ausgewählte Einzelaspekte der Parteien ansehen. Dabei fiel auf, dass es teilweise zu technischen und strukturellen Fehlern kommt. Wird die Struktur einer Website temporär geändert, so kann dies zu gravierenden Platzierungseinbrüchen führen. Auch die Umleitung auf alternative Inhalte will wohl überlegt und korrekt eingerichtet sein. So stellt sich die Frage, ob eine Umleitung von gruene-bayern.de auf ichwill.gruene-bayern.de nicht doch zu viele gute Platzierungen gefährdet, die die alte Startseite generieren konnte. Die bayerische FDP geht einen Schritt weiter und leitet nicht nur auf eine andere Subdomain, sondern auf eine andere Top-Level-Domain um: von fdp-bayern.de auf fdp-frisches.bayern. Das mag aus Sicht des Marketings verständlich sein, wenn jedoch gute Platzierungen in den Suchergebnissen wichtig sind, würde man von einem solchen Vorgehen abraten.
Beginnen möchten wir also mit der Partei Die Linke, die in Bayern alleine schon aus technischer Sicht ein wenig problematisch auftritt.
Besonders unverständlich scheint die Konfiguration von die-linke-bayern.de. Im Beobachtungszeitraum leitete diese Domain zunächst auf http://bonuama.hol.es/die-linke-bayern/ weiter, später dann zu http://die-linke-bayern.bonuama.de/. Abgesehen davon, dass Google & Co. auf diese Weise identische Inhalte über mehrere Adressen angeboten werden (Duplicate Content) und gute Platzierungen für die Startseite kaum möglich sind, so wirkt die Bereitstellung von Parteiinhalten auf unbekannten Domains nicht vertrauenswürdig, gar dilettantisch.
Betrachten wir uns den Quellcode der Seite, so gewinnen wir den Eindruck, dass gute Platzierungen in den Suchmaschinen ohnehin keine Rolle spielen, bzw. gar nicht gewünscht sind. Die Startseite wird aktiv von der Indexierung ausgeschlossen:
So wundert es auch nicht, dass Themen, die für die Parteikommunikation durchaus eine wichtige Rolle spielen, in der Versenkung verschwinden.
Während wir bei der Suche nach „polizeiaufgabengesetz“ Die Linke zu Beginn des Beobachtungszeitraumes noch finden konnten, fiel sie dann aber aus den Top-100 heraus.
Die Parteien finanzieren sich zu einem gewissen Teil durch Spenden. Interessant ist hier, dass lediglich die AfD kontinuierlich über Suchphrasen, die „spende“ beinhalten, auf den vordersten Plätze der Suchergebnisse zu finden ist.
Insbesondere in Zusammenhang mit „paypal“ zeigt sich die Partei prominent in den Suchergebnissen – und auf der Höhe der Zeit:
Dabei gestatten auch andere Parteien, wie bspw. die SPD, die Spendenzahlung über Paypal. Bei der Zielgruppe scheint das jedoch nicht anzukommen, bzw. keine Rolle zu spielen.
Dafür zeigt sich die SPD in Bayern für viele Suchphrasen in den Suchergebnissen, die eigentlich unpassend erscheinen. Google scheint hier also nicht immer den thematischen Kontext korrekt zu erfassen. Denn die SPD erscheint nicht nur für „spd live stream“, sondern auch für viele weitere Suchphrasen, die im Kontext „stream“ und „bayern“ stehen:
Das 125-jährige Jubiläum der Partei führt aktuell auch dazu, dass geschichtliche Meilensteine der Partei nachgefragt und so mit guten Platzierungen ausgestattet werden:
In diesem Zusammenhang dürften auch die guten Platzierungen stehen, die im Kontext historischer Wahlplakate zu sehen sind:
Die CSU hingegen kann mehr als 5.100 Platzierungen über PDF-Dokumente erzielen:
Wie der Abbildung zu entnehmen ist, erzielen die Dokument keine homogene Verteilung, denn auf der ersten Suchergebnisseite finden wir deutlich weniger, als auf den weiteren. Dennoch finden wir in den Top-10 ein paar sehr wichtige Platzierungen, wie bspw. Suchphrasen im Kontext „flüchtlinge“ oder „wahlprogramm“:
Dies scheint erstaunlich, denn in Anbetracht der thematischen Bedeutung würde man mit einem entsprechend aufbereiteten HTML-Dokument eine solche Platzierung leichter sicherstellen können.
Die Grünen zeigen, dass sich selbst mit Excel-Dateien gute Platzierungen bei Google erzielen lassen – auch wenn diese thematisch wohl keine Bedeutung für die Landtagswahl haben:
Der FDP ist es in Bayern gelungen, den Grünen nicht: die Positionierung der Drogenlegalisierung. Die FDP kann mehrere gute Platzierungen im Kontext „cannabis“ und „rauschmittel“ vorweisen, die von der Wählerschaft auch so gesucht werden:
Und auch bei der Unterstützung der Eltern bei der Finanzierung von Kindertagesstätten, sticht die FDP die SPD aus – die ein ähnliches Angebot nicht so recht „auf die Strasse“ bekommen mag. Das liegt auch an der Formulierung der Wahlversprechen. Das von der SPD verwendete „beitragsfrei“ wird in diesem Kontext einfach seltener nachgefragt als „zuschuss“, so wie es die FDP verwendet.
In der bisherigen Betrachtung sind die kleineren Parteien noch nicht detailliert betrachtet worden. Dies mag aber auch an dem eher dürftigen kommunikativen Spektrum und der damit einhergehenden mageren Präsenz in den Suchergebnissen liegen. Filtern wir bspw. bei der ÖDP alle Suchphrasen heraus, die den Parteinamen beinhalten, so bleiben lediglich 3 Platzierungen in den Top-10 übrig:
Die ÖDP präsentiert sich damit inhaltlich äußerst begrenzt. Da das Suchvolumen zu diesen Platzierungen äußerst überschaubar ist, sind tiefere Analysen von geringer Bedeutung.
Ein wenig besser sieht es bei den Freien Wählern aus. Diese konnten innerhalb des Beobachtungszeitraumes die Anzahl ihrer Platzierungen bei Google von 116 auf 234 mehr als verdoppeln.
Die Anzahl der platzierten Links erhöhte sich dabei von 27 auf 81. Wenn wir uns aber den Zuwachs an Begriffen genau anschauen, so stellen wir fest, dass in den neuen Suchphrasen in erster Linie „Altbekanntes“ steckt:
Es handelt sich also um navigationsorienterte Suchphrasen, die nur dann gesucht werden, wenn die Partei bereits bekannt ist. Die beobachtete Entwicklung wird also wohl kaum Einfluss auf die Wahrnehmung der Partei nehmen.
Die Grenzen des inhaltlichen Spektrums erkennen wir auch bei der Bayernpartei.
Im Vorfeld der Landtagswahl in Bayern konnten wir mit der vorliegenden Analyse einige interessante Aspekte beleuchten. Uns hat dabei vor allem erstaunt, wie unterschiedlich die Parteien aus technischer Sicht vorbereitet sind – und teilweise offenbar kein Bewusstsein im Hinblick auf die Tragweite besteht.
Wirklich ausschlaggebend bei der Erreichung der Kommunikationsziele sind jedoch die Inhalte. Und hier unterschieden sich die Parteien ebenso gravierend. Die reine Existenz eines Wahlprogramms garantiert noch lange nicht, dass man eine Partei mit den jeweils erwünschten Inhalten assoziiert. Allerdings ist ein nicht allzu einseitiges Wahlprogramm Voraussetzung für eine (seriöse) öffentliche Wahrnehmung.
Wir konnten feststellen, dass keine Partei eine optimale Zielgruppenansprache realisieren konnte. Während die AfD sich über zu einseitig und aggressiv konnotierte Inhalte absetzt, nutzen die anderen Parteien viel zu oft Formulierungen und Phrasen, nach denen die Interessierten kaum oder gar nicht suchen.
Erschreckend war jedoch festzustellen, dass die Fragen der Zielgruppe nicht ausreichend beantwortet werden. Hier zeigte sich nur die AfD relativ stark. Im Sinne der demokratisch notwendigen Vielfalt müssen die anderen Parteien deutlich leichter für grundsätzliche Fragen erreichbar sein.
Wir konnten in den Suchergebnissen die lange Geschichte der CSU und ihre Arbeit als aktuell regierende Partei nachzeichnen. Zudem lassen sich die Bemühungen der CSU erkennen, einem sehr problematischen Thema zu begegnen: der Flüchtlingspolitik – ein Thema, welches von anderen Parteien eher gemieden wird. Ganz eindeutig lassen sich auch die rhetorischen Angriffe der AfD gegen die CSU und ihre Schwesterpartei beobachten. Potenzielle Überlegungen der Wähler zu einem möglichen „Rechtsruck“ der CSU konnten nicht abgeleitet werden. In Bayern beobachten wir eine überwiegend kritische Haltung gegenüber der AfD.
Enttäuscht hat in dieser Analyse die SPD, die viel zu oft nicht die geeigneten Formulierungen in einem geeigneten technischen Umfeld findet. Die Inhalte zum Parteijubiläum können hier nicht nachweislich zur zielgerichteten Präsenz beitragen. Die FDP hingegen sticht mit dem geeigneten Vokabular und provokanten Themen in Teilen durchs Einerlei der Parteien hindurch.
Die Grünen präsentieren sich mit ihrer Website mit besonders leicht und einfach zu konsumierenden Inhalten – deutlich leichter, als alle anderen Parteien. Sie reduzieren ihre Botschaften auf wesentliche Aspekte und unterstreichen ihre persönliche Nähe. Das macht gute Laune bei der Bedienung – auch wenn es in diesem Fall zu Lasten der Themendiversität, und damit auch zu Lasten der Sichtbarkeit in den Suchmaschinen geht.